French Open: Tagger stürmt zu historischem Paris-Coup

Lilli Tagger hat bei den French Open in Paris rot-weiß-rote Nachwuchssportgeschichte geschrieben. Die 17-Jährige hat beim Grand-Slam-Turnier in Frankreichs Hauptstadt am Samstag sensationell den Einzelbewerb der Juniorinnen gewonnen. Und das auf äußerst beeindruckende Art und Weise: Die Osttirolerin (ITF 47) blieb im gesamten Turnierverlauf gar ohne Satzverlust und fertigte im Finale auf Court Simonne-Mathieu die achtgesetzte Britin Hannah Klugman (ITF 13) nach nur 77 Minuten Spielzeit 6:2, 6:0 ab. Der Schützling von Francesca Schiavone, im Jahre 2010 einst selbst Roland-Garros-Gewinnerin bei den Damen, hatte als erste Österreicherin seit Tamira Paszek 2006 (bei den US Open in New York) ein Jugend-Grand-Slam-Endspiel erreicht – und als erste Österreicherin überhaupt bei den French Open. Nun ist Tagger der erste weibliche Jugend-Grand-Slam-Champ aus Österreich. Vor ihr hatten im Jugendbereich aus heimischer Sicht mit ÖTV-Sportdirektor und -Davis-Cup-Kapitän Jürgen Melzer (Wimbledon 1999 Einzel und Doppel), Nikolaus Moser (US Open 2008 Doppel), Lucas Miedler (Australian Open 2014 Doppel) und Joel Schwärzler (French Open 2024 Doppel) ausschließlich Burschen triumphiert.
Tagger hatte das bisher einzige Duell mit Klugman auf ITF-Ebene auf dem Weg zu ihrem ITF-W35-Triumph in Terrassa im März im Halbfinale mit 6:4, 6:7 (7), 6:3 gewonnen. Doch diesmal machte sie mit ihrer erst 16-jährigen Finalgegnerin kurzen Prozess und musste keinen einzigen Aufschlagverlust hinnehmen. Nur der erste Satz verlief enger als es das Ergebnis vermuten ließe: Nach zuvor Chancen auf beiden Seiten breakte Tagger bei 2:1, wehrte bei 4:2 dann auch die Breakmöglichkeiten Nummer drei, vier und fünf gegen sich ab und machte im nächsten Spiel mit dem Doppelbreak zum 6:2 den Sack zu. Im zweiten Durchgang kam Klugman nicht mal einmal auf Einstand, so deutlich gab Tagger den Ton an. Nach dem zweiten Matchball durfte sie die Arme in die Höhe recken. „Das ist wirklich eigentlich ein Traum“, strahlte die Teenagerin in einem Interview mit ServusTV. „Wir sind hergefahren, haben probiert, das Turnier zu gewinnen, haben es auch geschafft, aber so gecheckt habe ich es noch nicht. Aber es ist wirklich wahnsinnig.“ Es ist sensationell der dritte rot-weiß-rote Triumph bei Roland Garros 2025: Zuvor hatte Maximilian Taucher bei den Rollstuhltennis-Junioren seinen Doublegewinn von 2024 eindrucksvoll verteidigt.
Melzer sieht „Meilenstein im österreichischen Tennissport“
Auch im Österreichischen Tennisverband herrschte große Freude über diese Erfolge. Der historische Sieg Taggers stellte für ÖTV-Sportdirektor Melzer „definitiv einen Meilenstein im österreichischen Tennissport dar. Das erste Mädchen, das einen Jugend-Grand-Slam gewinnt – und das noch auf diese Art und Weise. Da kann man schon richtig stolz drauf sein“, so der Niederösterreicher. „Man hat von Anfang an gesehen, dass sie definitiv zu den Turnierfavoritinnen zählt.“ Der 44-Jährige sah für Tagger eine wohl rosige Zukunft bevorstehen: „Ich traue Lilli in den nächsten Jahren so einiges zu. Man muss sagen: Sie ist eine komplette Tennisspielerin und spielt auch ein bisschen anders als viele andere Mädchen. Das hebt sie auch hervor. Und man hat’s gesehen: Sie gewinnt ja jetzt schon konstant ihre Matches bei 15.000- und 30.000-Dollar-Turnieren. Das geht sich dann in den nächsten Jahren sicherlich aus, dass sie da noch weiter vorkommt. Da ist für mich eigentlich – wie sagt man so schön auf Englisch? – ‚the sky is the limit’. Also ich glaube, dass da schon sehr viel möglich ist.“
Aber auch „von Maxi Taucher muss man begeistert sein“, freute sich Melzer. „Einen Titel beim Jugend-Grand-Slam zu verteidigen, ist ganz stark. Auch er ist in souveräner Manier seiner Favoritenrolle gerecht geworden. Sowas zu schaffen, zeugt natürlich von Klasse und verspricht auch einiges für die Zukunft.“ Der Coup trug seines zum hochzufriedenen Roland-Garros-Gesamtresümee des Ex-Weltklassespielers bei: „Wenn uns jemand diese Ergebnisse vorher hingelegt hätte, dann hätten wir sie alle unterschrieben. Filip Misolic aus der Qualifikation dritte Runde, Sebastian Ofner zwei super Matches gespielt, Maxi Taucher gewinnt bei den Rollstuhlfahrern, Lilli Tagger gewinnt bei den Mädchen – also das waren schon einige Erfolge, das wird es wahrscheinlich auch in der Vergangenheit so geballt nicht gegeben haben. Da muss man auf alle Fälle sehr zufrieden sein.“
Sehr wohlwollend registrierte diese jüngsten Ereignisse die ÖTV-Sportkoordinatorin und -Billie-Jean-King-Cup-Kapitänin Marion Maruska – die auch am Samstag mit Tagger via Livestream mitfieberte: „Ich freue mich wahnsinnig über ihren Erfolg bei Roland Garros. So ein großes Turnier zu gewinnen, hat schon eine besondere Bedeutung. Das ist sicher für ihre weitere Karriere sehr hilfreich – vor allem auch, dass sie schon mal auf einem so großen Court bei Roland Garros gespielt hat.“ Die Niederösterreicherin sah Tagger auch bei deren Trainingsstützpunkt in Varese nahe Mailand und deren gesamten Umfeld gut aufgehoben. Österreichs Nationalteam könnte sich daher womöglich schon bald starker Unterstützung erfreuen: „Ich war natürlich in Kontakt mit Lilli und Schiavone. Beide sind dem Billie Jean King Cup gegenüber sehr positiv eingestellt. Ich denke schon, dass sie in den nächsten Jahren für Österreich spielen wird. Ich würde mich sehr freuen, wenn das zustande kommt, und ich wünsche ihr natürlich weiterhin viel Glück.“